Sprachaufenthalt Fukuoka Erfahrungsbericht von Chantal
Erfahrungsbericht
September, 2023 | Chantal
Ich setze mich schon lange mit der japanischen Sprache und Schrift auseinander und habe bereits einen Sprachaufenthalt über Boa Lingua gebucht. Damals ging es nach Tokio. Nun merke ich, dass ich zu Hause sprachlich kaum mehr weiterkomme. Es ist schwierig, die Kenntnisse zu vertiefen ohne Hilfe. Deshalb habe ich erneut einen Sprachaufenthalt gebucht. Dieses Mal aber nach Fukuoka. Die Ortschaft liegt auf einer der südlichsten japanischen Hauptinseln und ist die achtgrösste Stadt Japans. Fukuoka also, weil es sehr entlegen ist von touristischen Strömen und doch einiges zu bieten hat.
«Willkommen in deinem nächsten Abenteuer»
Ein Monat in Fukuoka, auf das stelle ich mich ein. Ein wenig Gedanken mache ich mir schon, obwohl ich mich riesig auf das Abenteuer freue. Nach einem langen Flug bin ich froh, habe ich mich für eine Gastfamilie entschieden. Sie warten am Flughafen bereits auf mich und versprechen mir, dass es bald etwas zu essen gibt. Ich verstehe, was sie sagen. Der Dialekt fordert aber meine Konzentration. Vor allem mit der Müdigkeit der langen Reise und der Lautstärke am Flughafen.
Im Auto merken meine Gasteltern Yuna und Haru, dass ich müde bin, und lassen mich ein wenig dösen. Die Fahrt vom Flughafen dauert ca. 1,5h. Im neuen Zuhause angekommen, zeigen sie mir mein Zimmer. Ein Futonbett, ein kleiner Schreibtisch, ein Schrank – typisch japanisch halt. Sehr dezent. Nach dem kurzen Einrichten im Zimmer ruft mich Yuna bereits in die Küche. Sie spricht langsam, sodass ich fast alles verstehe. Das, was nicht verstanden wird, wird mit Händen und Füssen versucht zu erklären. Beim Essen wollen sie mehr über mich erfahren. Ich erzähle ihnen, wieso mich Japan respektive die Sprache und Kultur interessieren und wie ich in der Schweiz lebe. Sie sind fasziniert und sagen, dass ich bereits sehr gut Japanisch spreche. Ich bedanke mich.
Ich möchte in diesem Sprachaufenthalt nicht nur meine mündlichen Sprachkenntnisse verbessern, sondern auch die Schreibweise. Bisher habe ich «Katakana» geschrieben. Diese Schrift ist eher eckig und clean, wenn man es so beschreiben will. Ich möchte auch «Hiragana» lernen. Diese wird schwungvoll geschrieben und leitet viel von der chinesischen Schrift ab. Hiragana und Katakana haben die gleichen Laute, werden aber unterschiedlich gezeichnet.
Das Essen ist hervorragend und ich geniesse die gemeinsame Zeit am Tisch. So kann ich viel Kultur aufnehmen. Yuna und Haru erklären mir genau, wie ich zur Schule komme. Ich bin ca. 40 Minuten davon entfernt, was aber nicht weiter schlimm ist. Als ob ich vom Kanton Zug nach Zürich reisen würde. Normaler Arbeitsweg.
Bevor ich ins Bett gehe, meint Yuna: «Willkommen in deinem nächsten Abenteuer».
Ich weiss, was auf mich wartet
Die Schule in Japan ist ganz anders als in der Schweiz. Die Japaner sind sehr zielstrebig, schnell und direkt. Wer hier zur Schule geht, muss sich in diesen paar Stunden nur auf sich selbst und den Lernfortschritt konzentrieren. Ich komme in der Genki Japanese School an und werde sehr freundlich empfangen. Sie teilen mich in die Klasse, die einen Einstufungstest machen muss, ein. Es geht Schlag auf Schlag. Ich werde in die gute Mittelstufe eingeteilt. Etwas zwischen B1 und B2.
Wir sind wenige in der Klasse. Um genau zu sein, sechs Personen. Unsere Lehrerin May geht auf jeden Einzelnen ein und setzt danach so das Ziel für die Klasse. Zudem wird jeder noch persönlich gefördert. Das brauchts definitiv. Wir haben einen toughen Plan, aber ich freue mich sehr darauf. Wir lernen die Hiragana-Schrift, die Satzstellungen, die verschiedenen Laute und zusätzlich gibt es einen kleinen Kurs für die Handschrift.
Meine kann ich jeweils jeden zweiten Nachmittag im Kurs für Kunst und Kultur verfeinern. Diesen habe ich bei der Buchung dazu genommen. Währenddessen kann ich mein Wissen über die traditionelle und moderne Kultur erweitern und die Zeichen werden mir noch detaillierter erklärt.
Der Unterricht ist so aufgebaut, dass man jeweils am nächsten Tag den Stoff vom Vortag schnell wiederholt. Das hilft sehr. So kann ich allfällige Unsicherheiten ansprechen und korrigieren lassen.
Ich habe mich mittlerweile mit Laura aus Irland angefreundet. Sie ist in derselben Klasse. Es macht Spass mit ihr. Wenn wir uns unterhalten, versuchen wir meist japanisch zu sprechen, vor allem auf dem Schulareal. Die Sprachschule verfügt auch über eine sogenannte «Language Lounge». Nach dem Unterricht treffen sich Sprachschüler mit Japanern, die Englisch lernen wollen. Es ist lustig zu sehen, wie wir Ausländer japanisch sprechen und die Japaner dann auf Englisch antworten. Es klingt wie an einer Messe, jeder spricht von überall mit jedem.
Die Schule bietet auch verschiedene Ausflüge an. Man kann sich für Sightseeing-Tours anmelden, auf Wanderungen mitgehen, Movie-Nights machen und vieles mehr. Laura und ich schreiben uns für Strandnachmittage, Wanderungen und Sightseeing ein.
Fukuoka – die Stadt
Fukuoka liegt am Meer und ich gehe gern dahin, um einige Stunden der quirligen Stadt zu entfliehen. Kilometerlange weisse Sandstrände. Es tut gut. Das Wetter ist meist schön, nicht zu heiss und die Meeresbrise wie eine feine Streicheleinheit. Der Sand ist nicht nur fein, sondern eignet sich als natürliches Peeling für die Füsse.
In der Stadt bin ich dann meistens mit Laura unterwegs. Wir nutzen die Zeit, um uns auch kulinarisch weiterzuentwickeln. Fukuoka ist bekannt für köstliche Ramen-Nudelsuppen und Street Food. Es gibt unzählige Stände und alle sind verschieden. Mal bietet einer ein aufgespiesster Tintenfisch an, der andere frittierten Fisch, wieder ein anderer Mochis. Diese gibt es in verschiedenen Varianten. Es sind kleine Kugeln, befüllt mit traditioneller süsser Bohnenpaste und umhüllt mit einem leicht klebrigen Reisteig. Diverse Geschmäcker dürfen dabei nicht fehlen. Kirschblüte, Schokolade, Kokosnuss und viele mehr. Mein absolutes Lieblingsessen ist aber Okonomiyaki. Okonomi heisst «Geschmack» und yaki «gegrillt». Genau so sieht es aus, nach deinem Geschmack gegrillt. Fast immer hat es Weisskohl dabei. Dazu wird nach deinen Wünschen garniert, mit Fleisch, Fisch, Gemüse usw. Es wird grilliert und serviert mit einer Misosauce, herrlich. Miso ist eine Paste, die hauptsächlich aus Soja besteht.
Das Sightseeing mit der Klasse und den Lehrern ist immer unterhaltsam. Da der Unterricht sehr fokussiert ist, bringt ein Ausflug auch für das Lehrpersonal etwas Abwechslung. Wir lernen sie privat kennen. Es ist DIE Chance, von Einheimischen zu lernen. Wir sprechen automatisch Japanisch, üben die verschiedenen Formen und sehen einige Arten der Schrift. Besser geht’s nicht. Fast wie ein eingespieltes Team schlendern wir durch die Gassen. Jedes persönliche Interesse wird abgedeckt. Da ist ein alter Herr. Er kennt sich unglaublich gut in der Kalligrafie aus und zeigt uns, wie er die Zeichen schreibt. Und eine junge Frau, die sich ganz dem Tee gewidmet hat. Wir dürfen probieren und lernen weitere Worte dazu. Auch als Klasse lernen wir uns besser kennen und mögen.
Ich bin zufrieden und gehe mit einem breiten Lächeln wieder zurück zu meiner Gastfamilie.
Und wieder was gelernt
«Zu Hause» angekommen, begrüssen mich meine Gasteltern ganz herzlich. Ich bin ein wenig überrascht und frage mich, wieso diese Begrüssung so anders ist. Als ich meine Sachen auf die Seite lege und weiter in die Wohnung eintrete, höre ich mehrere Stimmen. Ein paar Gesichter erkenne ich aus Erzählungen und Fotos, die meine Gasteltern bei sich stehen haben. Ich schätze, dass muss die ganze Familie sein. Alle sind gekommen, um eine Abschiedsparty für mich zu schmeissen. Denn ich verreise in ein paar Tagen. In Japan ist es eine inoffizielle Geste, resp. Regel. So verabschiedet man Familienmitglieder, wenn sie auf Reisen gehen oder umziehen.
Der Tisch ist geschmückt und mit vielen Leckereien versehen. Ich glaube fest, dass jeder etwas Selbstgemachtes mitgenommen hat. Es duftet so gut. So stelle ich mir das Paradies vor. Ich komme ins Gespräch mit allen, wir lachen, essen und geniessen die Zeit zusammen. Viele sagen, dass ich schon super Japanisch sprechen würde. Ich fühle mich geschmeichelt und geehrt.
Es werden auch Pläne für die Zukunft geschmiedet. Das wird bestimmt nicht mein letzter Aufenthalt in Japan sein. Gefühlt jedes Familienmitglied möchte mir seinen Lieblingsort zeigen. Seien es Inseln, grosse und kleine Städte oder Wanderungen. Meine Liste wird immer länger und meine Motivation immer grösser.
Der Abend neigt sich dem Ende zu und alle verabschieden sich. Es fliessen Tränen, obwohl ich diese Leute zum ersten Mal gesehen habe. Eine zweite Familie habe ich definitiv gefunden. Es war die beste Entscheidung, in eine Gastfamilie zu gehen.
Der letzte Schultag beginnt. Ich bekomme das letzte Mal Rückmeldung der Lehrer und des Direktors. Jeder ist mit meinem Fortschritt mehr als zufrieden. Ich freue mich über die neuen Bekanntschaften, die Freundschaften und natürlich über mein neu aufgebautes Wissen.
Und Laura werde ich demnächst auch in Irland besuchen, aber zuerst kommt sie in die Schweiz.
Übrigens, auf dem Weg zum Flughafen haben sich meine Gasteltern für eine Reise in die Schweiz angemeldet, und das schon in drei Monaten. Ich freue mich riesig.
Tags: Fukuoka, Gastfamilie, Genki Japanese School Fukuoka, Japan, Japanisch
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