Sprachaufenthalt Melbourne Erfahrungsbericht von Tobi
Erfahrungsbericht
November, 2023 | Tobi
«No, it's 'Melb-behn,' not 'Melböööörn!'» Schon zum dritten Mal versucht Gaby uns beizubringen, wie wir Melbourne richtig aussprechen. «If you live here, you need to pronounce it right! It's 'Mel-behn,' 'Sid-nee,' and 'Brisb-behn'." Mit ihrer gespielt verzweifelten Art bringt sie Humor in den Unterricht. Wir finden’s amüsant! Zwischen Präsentationsübungen und Meeting-Rollenspiele gibt es immer etwas zu lachen. An der Discover English Melbourne besuche ich den Business-Kommunikationskurs. Ich gönne mir zwar eine Auszeit von dem Berufsalltag, aber dafür möchte ich etwas für meinen nächsten Karriereschritt lernen.
Masters of Timing
Bei meiner Anreise war mein Englisch schon auf einem soliden Niveau. Nicht perfekt, aber genug, um mich zu verständigen. Mittlerweile habe ich gelernt, mehr «sophisticated» zu klingen. So ist das Essen nicht nur «good», sondern «exquisite». Oder ich habe nicht «fun», sondern «I enjoyed myself.» Ich bringe meine Skills auf ein höheres Level.
Auch private Unterhaltungen werden präziser und ausführlicher. Mit Max aus Finnland philosophiere ich teilweise stundenlang über Gott und die Welt, Sport und unsere Leben zu Hause. Wir surfen auf der gleichen Wellenlänge. Manchmal sind wir so in unsere Unterhaltungen versunken, dass wir die Zeit vergessen und zu spät zurück in den Unterricht kommen. Gaby nimmt uns dann gerne etwas hoch. «Ah, here are our masters of timing!».
Food-Paradies und schwarzes Gold
Die Sprachschule liegt mitten im Zentrum von Melbourne, um die Ecke von der Flinders Street Station, mit Tram- und Zugverbindungen in alle Richtungen der Stadt. Ebenfalls in der Nähe sind Centre Place und Degraves Street, zwei meiner Lieblingsstrassen. Zwischen hohen Hausmauern in einer engen Gasse befinden sich kleine Restaurants und Bistros. Neben mit Graffitis bemalten Backsteinmauern sitzt man hier auf Plastikstühlen an kleinen Tischen und geniesst allerlei: Dumplings, Ramen, Sushi, Toasties. Letztere scheinen hier ein Nationalgericht zu sein. An jeder Ecke findet man verschiedene Variationen des in der Schweiz bekannten Schinken-Käse-Toast. Mit Avocado, Hähnchen, Mozzarella. Bei der grossen Auswahl an internationalem Essen sind die einfachen Brot-Snacks manchmal eine willkommene Abwechslung.
Wenn es ums Essen geht, macht den Melburnians niemand etwas vor. Von einfachen Takeaways bis hin zu hochwertigen Restaurants. Asiatisch, Italienisch, Orientalisch. Für jeden Geschmack ist etwas dabei. Hier kann ich auch meine Liebe für ausgiebige Frühstücke ausleben. Viele Restaurants haben hier schon morgens geöffnet und bieten eine grosse Auswahl an warmen Z’Morge-Speisen an. Mein Favorit: pochiertes Ei auf Avocado-Toast garniert mit Feta. Ein Klassiker hier. Dazu gibt's einen Flat White. Melbourne ist weltweit bekannt für die lebendige Kaffeekultur. Und jetzt, wo ich hier bin, kann ich das nur bestätigen. Noch nie habe ich einen schlechten Kaffee getrunken. In jeder noch so ruhigen Wohngegend, in jeder noch so kleinen Gasse gibt es das schwarze Gold. Frisch gebrüht an einer grossen professionellen Maschine und aufwendig verziert mit aufgeschäumter Milch. Da kann meine Nespresso-Maschine in meinem Airbnb gleich einpacken. Logisch, dass mein wiederverwendbarer Kaffeebecher zu meiner täglichen Schulausrüstung gehört.
Für diejenigen, die das Kaffee-Handwerk selbst erlernen möchten, bietet die Discover English Melbourne Barista-Kurse an. Ich versuche es gar nicht erst. Ich bin mit meinen Händen nicht sehr geschickt und lasse mir die Kaffees lieber weiter zubereiten.
Sport, Sport und nochmals... Sport
Melbourne steht auf der Liste der lebenswertesten Städte weit oben, und auch das kann ich bestätigen. Hier kann ich mir durchaus vorstellen, zu leben. Auch wenn, oder vielleicht gerade weil, es hier nicht viele bekannte Touristenattraktionen gibt. Obwohl Melbourne eine Millionenstadt ist, fühlt es sich nicht so an. Zahlreiche Parks und botanische Gärten bringen etwas Farbe ins Grau. Entlang des Yarra Rivers gibt es nicht nur trendige Bars und Restaurants, sondern auch ruhige Wege für Spaziergänge und Fahrradtouren. Und fürs Joggen. Sport wird in Melbourne grossgeschrieben. Schon früh morgens begegnet man Joggern und sportlich gekleideten Menschen auf dem Weg ins Fitnessstudio. Ich reihe mich hier ein. Mit Max besuche ich regelmässig vor dem Unterricht ein Bootcamp. So starte ich gerne in den Tag. Und ich komme in den Austausch mit Einheimischen. Unser Trainer kennt mich seit der ersten Lektion. Mit der lauten Musik und dem starken australischen Akzent hatte ich Mühe, ihn zu verstehen. Er hat das gemerkt und nachgefragt. Fast habe ich mich nicht getraut, etwas zu sagen. Wenn ein grossgewachsener, muskulöser Fitnesstrainer vor dir steht, wird man plötzlich ganz schüchtern. Als ich ihm dann aber meine Situation erklärte, wandelte sich sein harter Blick zu einem Lachen. Er freute sich, dass er internationale Gäste in seinem Training hat. Nun versucht er immer, alles etwas klarer auszudrücken. Wenn ich in seiner Lektion bin, holt er alle seine Deutschkenntnisse hervor und zählt immer mal wieder in einem herrlich englischen Akzent «eins, swei, dreeei».
Sport wird in Melbourne nicht nur gerne betrieben, sondern auch oft geschaut. In der Schweiz interessiere ich mich hauptsächlich für Fussball. Hier kann ich meinen Sport-Horizont erweitern. Cricket, Rugby, Tennis. Während ich hier bin, findet das Australian Open statt. Dann ist die ganze Stadt im Tennis-Fieber. Zu dieser Zeit gehört die Frage, ob man zum Tennis geht, zum obligaten Smalltalk dazu. Eigentlich habe ich nicht geplant, zu gehen. Seit Roger Federer keine Bälle mehr schlägt, habe ich Tennis nicht mehr auf dem Schirm. Max kann mich aber davon überzeugen, dennoch Tagespässe für einen Samstag zu kaufen. Und ich bin froh, gehe ich mit. Denn es ist überhaupt nicht, wie ich mir das vorgestellt habe. Tennisturniere sehen im Fernsehen oft etwas steif und «etepetete» aus. Doch als ich das Areal betrete, bin ich positiv überrascht. Es erinnert eher an ein Festival als an einen Sportanlass. Essstände, Cocktailbars, Fanzonen. Die Stimmung ist super, und Tennis scheint fast Nebensache. Aber nur fast. Per Zufall spielt an diesem Tag auch die Schweizerin Belinda Bencic. Dieses Spiel lasse ich mir nicht entgehen. So komme ich doch noch ins Tennis-Fieber. Ein Spiel in der Rod Laver Arena zu schauen, ist ein einmaliges Erlebnis. Ich bin beeindruckt, wie mehrere Tausend Menschen ganz still werden, wenn Belinda zum Aufschlag ansetzt. Und dann bei einem Punkt laut applaudieren und die Spielerinnen anfeuern.
Für einmal ganz still
Kurz vor meiner Abreise Ende März beginnt die Saison der Australian Football League oder wie sie es hier nennen «Footy». Ein Spiel der Melbourne Demons zu schauen, schreibe ich auf meine Bucket-List. Diese war schon vor meiner Anreise gut gefüllt. Jetzt kommt gefühlt für jeden durchgeführten Punkt ein neuer dazu. Ganz oben stehen die Great Ocean Road und die 12 Apostels. Dafür miete ich mir ein Auto. Max und zwei weitere Freunde von der Sprachschule begleiten mich. Ich bin froh, sitzt jemand neben mir im Auto und kann mich, wenn nötig, an den Linksverkehr erinnern. Ist man aus der Stadt raus, wird die Umgebung schnell ländlich. Wiesen, Felder und vereinzelt Landwirtschaftsanlagen. Meine Roadtrip-Buddies halten Ausschau nach Kängurus. Leider die ersten paar Fahrtstunden ohne Erfolg. In Torquay fahren wir das erste Mal raus. Wir brauchen Koffein. Wir holen uns einen Flat White und setzen uns an den Strand und schauen den Surfern beim Wellenreiten zu. Hier begegne ich erstmals der Surfszene von Australien. Angeblich ist Torquay die Geburtsstätte der Surfermarke Rip Curl. Und das merkt man. Überall sieht man das Logo und fast jeder Laden bietet Surfkleidung und -ausrüstung an. Die bekannte Handbewegung, Hang-Loose, gehört hier zur Begrüssung dazu. In Torquay herrscht ein «gechillter» Vibe.
An der Küste entlang geht es bis zu unserer Unterkunft in Princetown. Immer wieder fahren wir raus, machen Fotos und geniessen die Meeresbrise. Nach dem Einchecken in der Unterkunft erreichen wir pünktlich vor Sonnenuntergang den Aussichtspunkt der 12 Apostel. Die Sonne taucht die Kalksteinformationen in ein oranges Licht. Wir sind so gefesselt von dem Anblick, dass wir ganz still werden. Eine neue Situation für mich und Max. Später beim gemeinsamen Abendessen und einer Flasche Wein holen wir dann unsere Gespräche nach.
«In Vino veritas»
Wein gibt es in Australien nämlich auch sehr leckeren. Über die Sprachschule buche ich eine Weintour in die umliegenden Weinberge von Melbourne. Mit einem kleinen Bus fahren wir in einer Gruppe zu vier verschiedenen Winzern, probieren die leckeren, edlen Tropfen. Mal fruchtig, mal trocken, mal rot, mal weiss. Die Weine schmecken hervorragend. Die dazugehörige Kulisse macht das Erlebnis noch besser. Mitten in den Weinbergen stehen die verschiedenen Weingüter. Ein Mix aus rustikal und edel. Umgeben von viel Grün. Die Frauen auf meiner Tour planen in Gedanken schon ihre Hochzeiten auf einem dieser Anwesen. Ich kann es verstehen.
Kaffee, Wein, Sport. Melbourne trifft voll meinen Geschmack. Dazu kommt noch die Tierwelt von Australien. Nein, nicht nur Spinnen, Schlangen und Haie. Wovor mich meine Freunde zu Hause ständig gewarnt haben. Kängurus, Koalas und sogar Pinguine. Für letztere fahre ich extra nach Phillip Island. Dort gibt es eine Pinguin-Parade. Gemeinsam mit anderen Schaulustigen sitze ich auf einer Tribüne und beobachte, wie die Pinguine aus dem Wasser zu ihren Nestern an Land watscheln. Herrlich anzusehen. Wie eine kleine Familie spazieren sie am Strand. Fotos und Videoaufnahmen sind leider zum Schutz der Tiere nicht gestattet. Schade, den Anblick hätte ich so gern aufgenommen. Aber in meiner Erinnerung sitzt er tief fest. Ein weiteres Highlight meines Sprachaufenthalts.
Hier fühle ich mich so wohl. Beim letzten Videocall mit meiner Familie fragte meine Mutter etwas besorgt, ob ich denn wirklich wieder nach Hause komme, ich sehe so glücklich aus. Tja, wer weiss, vielleicht bewerbe ich mich hier gleich für ein Arbeitsvisum. Vorstellen könnte ich es mir auf alle Fälle, und die entsprechenden Englischkenntnisse habe ich mir mittlerweile auch angeeignet.
Tags: Australien, Discover English Melbourne, Englisch, Erwachsene, Melbourne
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